Psychische Störungen haben im Sinne der biodynamischen Psychotherapie organische Grundlagen. Gerda Boyesen entdeckte, dass Störungen der Harmonie von Psyche und Körper sich auf allen körperlichen Ebenen wie Muskeln, Haut, Bindegewebe, Faszien, Knochen etc. in Form eines Gewebepanzers zeigen können. Zustande kommt dies durch Stoffwechselrückstände, die aufgrund unabgeschlossener emotionaler Zyklen, bzw. verdrängter Gefühle im Gewebe verbleiben. Der Gewebepanzer wird als die körperliche Ursache psychosomatischer Symptome und nervöser Schmerzen betrachtet. Ebenso existiert laut Boyensen ein Eingeweidepanzer, der die Psychoperistaltik im Darmbereich verhindert.
Aufgrund dieser Entdeckungen entwickelte Boysen u.a. mit Hilfe ihrer Töchter Ebba und Mona Lisa ein breites originelles Spektrum an verschiedenen Methoden. Diese sollen dabei unterstützen, das bioenergetische Strömen an seinem psychophysischen Ursprung wieder anzuregen und neurotischen und psychosomatischen Symptomen damit die organische Basis entziehen.
Grundannahmen
Psychoperistaltik
Die Psychoperistaltik wird als ein wesentlicher Selbstheilungsmechanismus unseres Körpers betrachtet. Wenn sie ausreichend gut funktioniert, stellt sich ein Gefühl von Entspannung und Harmonie ein, psychosomatische Probleme werden gelöst.
Nach Boyesen kann anhand von bestimmten Darmgeräuschen eine funktionale oder dysfunktionale Darmbewegung erkannt werden. Als Hilfsmittel nutzte sie innerhalb der Therapie das Stethoskop, weshalb sie in Fachkreisen auch den Namen "Dame mit dem Stethoskop" trug.
Das reinigende Strömen der Lebensenergie
Eine weitere Annahme Boyesens ist, dass ein gesundes inneres Gleichgewicht und das allgemeine Wohlbefinden des Menschen von einem gleichmäßigen Energiefluss im Körper und der Psyche abhängen.
Innerhalb der Therapie soll die Lebensenergie über das Klären unverarbeiteter Erfahrungen und über eine Wiederherstellung der natürlichen Nähe und Distanz zu anderen Menschen reaktiviert werden.
Primärpersönlichkeit
Die Primärpersönlichkeit besteht als das ideale, lebendige Selbst in jedem Menschen. Sie ist von Geburt an gegeben,
die Lebensenergie fließt in diesem Persönlichkeitsanteil frei. Durch bestimmte Erfahrungen und die Überlagerungen der Sekundärpersönlichkeit kann dieser Anteil verdrängt werden.
Sekundärpersönlichkeit
Die Sekundärpersönlichkeit wird ausgebildet um uns in unserer Entwicklung (Kindheit- spätere Lebenswelt) vor schädlichen Einflüssen von außen zu schützen.
Sie reduziert gleichzeitig jedoch die Lebendigkeit, da sie auch innere ursprüngliche Impulse unterdrückt und beeinträchtigt damit unser Denken, Fühlen, Handeln und Empfinden.
Informationen zur Begründerin/zum Begründer:
Gerda Boyesen (1922- 2005) gilt als eine der Begründerinnen der modernen Körperpsychotherapie. Sie war eine norwegischen Psychologin, die die biodynamische Psychotherapie („Biodynamik“) entwickelt hat.
Ihre Methodik findet ihren Ursprung innerhalb der Libidotheorien Freuds, der Körperpsychoanalyse/ Vegetotherapie des Freud - Schülers Wilhelm Reich und Ansätzen der Physiotherapie, die in den 1950er Jahren in Oslo angewandt wurden. Weiterhin konnte sie in ihrer eigenen Therapie bei Ola Raknes, Schüler und Freund Reichs, Inspiration für ihre Methodik finden.
Im Jahr 1968 eröffnete sie in London eine Praxis und später, als erste Frau in Europa, ein internationales Lehr- und Ausbildungsinstitut. Jahrzehnte lang bildete sie dort Psychotherapeuten aus und vertiefte und entwickelte ihre Konzepte und Methoden.
Ihre drei Kinder Mona Lisa, Ebba, und Paul sind ebenfalls noch immer mit der Biodynamik und der Psychotherapie in Verbindung und leiten mittlerweile selbst Institute oder bilden aus.
Aufgrund ihrer Lebensleistung ist sie Ehrenmitglied der European Association for Body-Psychotherapy (EABP) und Ehrenpräsidentin der Gesellschaft für Biodynamische Psychologie (GBP e. V.).
Ablauf einer Sitzung
Die Grundhaltung des Therapeuten ist akzeptierend und ermutigend. Er ist aufmerksam, ausgeglichen, ruhig und präsent. Innerhalb der Therapie wird viel Wert auf das Geschehen lassen und da sein gelegt. Die Beziehung zwischen Klienten und Therapeut wird nicht direktiv gestaltet. Es wird mit den Themen gearbeitet, die dem ‚Ich’ des Klienten am nächsten sind.
Die energetischen Stauungen werden durch direkte Körperarbeit und intentionale Berührungen wie Massagen, Körperbehandlungen oder Atemtechnik gelöst. Das Deep Draining stellt dabei z.B. eine Technik dar, die tiefere Gewebeschichten erreichen und lockern soll, um stagnierende körperliche und psychische Haltungen zu lösen.
Ebenso gibt es in der Behandlung Raum für das therapeutische Gespräch und emotionale Arbeit, z.B. in Form von Bilderarbeit. Das Gespräch dient dabei der Integration der Erfahrungen aus der Körperarbeit. Der Klient wird zu einem organischen, verwurzelten, introspektivem Sprechen eingeladen, damit das Unbewusste sich leichter entfalten kann. Es werden weniger Deutungen gegeben, der Ansatz sieht vor, dass der Therapeut dem Klienten in dessen Gesprächen/ Ideen folgt und nur dann übernimmt, wenn er seine eigenen emotionalen Zyklen unterbricht.
Nach G. Boyesen ist das Ziel einer Sitzung eine aktive und ausgewogenere Psychoperistaltik und damit das gleichmäßigere Fließen der Lebensenergie.
Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem Anliegen des Klienten.
Kosten einer Sitzung
60 Min. ca. 60- 100 Euro
Verbreitung der Methode
Praktiziert wird die Biodynamische Psychotherapie von Psychologen, Ärzten und Heilpraktikern außerhalb der regulären Krankenkassenversorgung, d.h. auf privater Basis, also als Selbstzahlerleistung. Manchmal werden körpertherapeutische Techniken in psychotherapeutischen und psychosomatischen Kliniken oder Kurkliniken angeboten.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
Europäische Schule für Biodynamische Psychologie (E.S.B.P.E.) e. V.
Leitung: Mona Lisa Boyesen/Ebba Boyesen; 23684 Gronenberg
- besitzt die Anerkennung der Deutschen Gesellschaft für Körperpsychotherapie
Ausbildung:
- keine Zulassungsvoraussetzungen
- 9 Ausbildungsmodule
- Kosten ca. 11.000 € bei ca. 800 Zeitstunden (Wochenend-/ Intensivseminare)
- eine Anrechnung von psychotherapeutischer Vorbildung ist möglich
(Berufs-)Verband, Verein
Die Gesellschaft für Biodynamische Psychologie/Körperpsychotherapie e.V. wurde 1994 von biodynamisch ausgebildeten Therapeuten aus Norddeutschland gegründet, erhielt ihren jetzigen Namen 1997 auf Beschluss der Mitgliederversammlung und vertritt inzwischen 250 Biodynamische Therapeuten in ganz Deutschland.