Angelehnt an die Methoden Somatic Experiencing, Focusing und EMDR, erschuf David Grand einen Ansatz der Traumatherapie, der sich neurophysiologische Wechselwirkungen zwischen der Augenstellung und der Aktivität in bestimmten Hirnregionen zu Nutze macht. Brainspotting ist eine tiefenpsychologisch- und körperorientierte Methode, die eine sofortige Verarbeitung von traumatischem Stress ermöglicht, sogar auch wenn dieser Stress schon vor oder während der Geburt erlebt wurde und keine bewussten Erinnerungen mehr damit verbunden sind. Die Theorie ist, dass emotionale Belastungen im zentralen Nervensystem gespeichert sind. Emotionale Inhalte werden bei verschiedenen Blickrichtungen unterschiedlich stark im Gehirn aktiviert. Wohin wir schauen beeinflusst also wie wir uns fühlen. Diese Brainspots werden identifiziert und vom Therapeuten zur kontrollierten Neu-Verarbeitung von Traumata genutzt. Unterstützt wird der Prozess durch die von Grand entworfene „Biolaterale Musik“, die ausschließlich mit Kopfhörern gehört wird. Durch abwechselndes wellenartiges Schwingen der Klänge und der Musik von einem Ohr zum anderen werden die beiden Hemisphären des Gehirns gleichsam angesprochen, was eine entspannende Wirkung auf den Hörenden bewirkt. Brainspotting ist eine beobachtungsorientierte Methode. Der Therapeut gesteht sich ein, aufgrund der Komplexität des menschlichen Gehirns im Unklaren über die zu Grunde liegenden mentalen Mechanismen zu sein. Er verlässt sich auf die Wahrnehmung und die körperlichen Reaktionen des Klienten.
Grand formuliert es so:
„Man muss nicht wissen was es ist, um zu wissen, dass es existiert.“
Die Haltung des Therapeuten hierbei ist von einem großen Vertrauen in den Selbstheilungsprozess des Klienten geprägt und reduziert sich auf eine sanfte von Einfühlsamkeit geprägte Begleitung des Prozesses ohne in eine strenge Führung oder in Hypothesenfindung hinein abzugleiten. In einer wissenschaftlichen Vorstudie konnte Brainspotting nach nur drei Sitzungen bei 90% der Klienten nachweisbar zu einer signifikanten Milderung emotionaler Belastungen führen. Neben der Arbeit mit Trauma-Patienten bietet Brainspotting eine breite Palette an weiteren Einsatzmöglichkeiten, darunter Angststörungen, zur ressourcenorientierten Leistungssteigerung von Leistungssportlern oder im Schauspielcoaching. Der Trauma-Begriff ist hierbei auch in weiteren Sinne zu verstehen und schließt nicht nur schwere Fälle wie Unfalltraumata, Traumata als Folge von Sexualdelikten oder Kriegstraumata, sondern jegliche Form von seelischen Verletzungen, die nicht nachhaltig verarbeitet wurden mit ein.
Informationen zur Begründerin/zum Begründer:
Dr. David Grand ist ein US-amerikanischer Psychoanalytiker, Autor mehrerer Bücher, Coach und klinischer Sozialarbeiter. Er unterhält eine Praxis in Manhattan und Long Island im amerikanischen Bundesstaat New York und ist international anerkannter Experte und gefragter Dozent für Psychotraumatologie. Er war Mitarbeiter des von Francine Shapiro gegründeten EMDR-Instituts und ist von der EMDRIA als Supervisor akkreditiert. Er ist Ausbilder in EMDR und dem von ihm begründeten Brainspotting. Zudem ist Grand Herausgeber von CDs seiner BioLateralen Musik.
Ablauf einer Sitzung
Die traumatischen Erfahrungen, die Menschen im Laufe seines Lebens machen, beeinflussen in unterschiedlichem Ausmaß jedwede Form von erlebtem psychischen Stress. Davon ausgehend wird in der ersten Brainspotting-Sitzung zunächst eine Trauma-Geschichte des Klienten erstellt. Das jeweilige Trauma kann anschließend einzeln bearbeitet werden. Im besten Falle wird der gesamte Prozess zusätzlich durch die Nutzung von Kopfhörern mit biolateraler Musik unterstützt. Der Klient wird nun zunächst angeregt sich, soweit möglich, umfassend in die belastende Situation hinein zu versetzen. Im Anschluss wird er gebeten das dabei entstehende Gefühl auf einer Skala von 0-10 einzuordnen und wahrzunehmen, wo es sich im Körper verorten lässt. Parallel dazu soll mit den Augen der Zeigestab/der Finger des Therapeuten verfolgt werden, den er auf horizontaler und vertikaler Linie durch das Gesichtsfeld des Klienten bewegt. Der Punkt der höchsten Aktivierung kann nun einerseits internal aus der Sicht des Patienten, oder external bestimmt werden, indem der Therapeut auf physiologische Reaktionen achtet, wie z.B. starkes Blinzeln, Zuckungen oder Husten. Bei emotional stark belastenden Themen kann es angebracht sein, neben dem Punkt der höchsten Aktivierung noch einen weiteren Brainspot zu finden, den „Ressourcen-Brainspot“, der eine distanziertere Betrachtung der Situation ermöglicht und eine Art emotionalen Zufluchtsort darstellt. Der Klient wird dazu angeregt alle aufkommenden Gefühle, körperlichen Reaktionen und Gedanken vollkommen frei und assoziativ zu verfolgen. Die Verarbeitung gilt als abgeschlossen, wenn das belastende Gefühl in der Skala als eine „0“ eingestuft wird.
Kosten einer Sitzung
Die Kosten einer Sitzung Brainspotting hängen stark vom Stundensatz des jeweiligen Therapeuten ab. Übernahme der Kosten ist möglich, wenn der Therapeut über eine Approbation in einem psychotherapeutischen Verfahren verfügt und über die Krankenkasse abrechnen kann.
Verbreitung der Methode
Weltweit sind derzeit über 8000 Therapeuten in 20 Ländern in Brainspotting ausgebildet.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
Die Ausbildung gliedert sich in drei Module, wobei bereits mit den ersten beiden die erforderlichen Grundlagen vermittelt werden, um mit Brainspotting zu arbeiten. Das dritte Modul wird zur Zeit nur vom Begründer selbst angeboten.
Voraussetzung für die Weiterbildung in Brainspotting ist entweder eine Approbation oder eine abgeschlossene psychotherapeutische Grundausbildung sowie eine staatliche Zulassung zur Ausübung von Psychotherapie. Je nach Ausbilder ist teilweise eine Ausbildung in EMDR bzw. einer anderen traumaspezifischen Methode erforderlich. Die Weiterbildung erfolgt i.d.R. in Form von drei Wochenendseminaren und die Kosten belaufen sich auf ca. 1200 Euro. Brainspotting ist von der Psychotherapeutenkammer in Deutschland als Therapiemethode anerkannt.
(Berufs-)Verband, Verein
Es gibt im deutschsprachigen Raum keinen konkreten Verband in dem Brainspotting organisiert ist. Vielmehr wird Brainspotting frei von den jeweiligen Trainern und Therapeuten angeboten.