Gewaltfreie Kommunikation (GFK) basiert auf friedvollen Prinzipien. Sie geht davon aus, dass wir alle von Natur aus mitfühlend sind und Gewalt als Kulturerscheinung aus erlernten Verhaltensweisen hervorgeht. Rosenberg glaubte, dass die Freude am einfühlsamen Geben und Nehmen unserem natürlichen Wesen entspricht.
Die 3 grundlegenden Aspekte der gewaltfreien Kommunikation sind:
1. Empathie – das Zuhören und Hineinfühlen in eine andere Person
2. Selbstempathie – der eigenen Gefühle bewusst sein
3. Selbstausdruck – sich so geben, wie man wirklich ist
Rosenberg ging davon aus, dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse haben. Konflikte entstehen, wenn verschiedene Strategien zur Bedürfnisbefriedigung aufeinanderprallen. Die GFK besagt, dass wenn Menschen ihre und die Bedürfnisse Anderer und die Gefühle, die damit einhergehen, richtig einordnen können, entsteht ein harmonisches Miteinander.
Das Grundmodell der GFK besteht aus 4 Schritten:
1. Beobachtung – was in einer Situation tatsächlich geschieht, ohne zu interpretieren oder zu bewerten
2. Gefühl – die Gefühle ausdrücken, die die beobachtete Handlung hervorruft
3. Bedürfnisse – welche Bedürfnisse liegen hinter diesem Gefühl
4. Bitte – die spezifische Anfrage nach einer bestimmten Handlung
In einem Satz zusammengefasst formulierte Rosenberg das Grundmodell folgendermaßen: Wenn ich a (Beobachtung) sehe, dann fühle ich b (Gefühl), weil ich c (Bedürfnis) brauche, deshalb möchte ich jetzt d (Bitte).
Beim Zuhören empfiehlt Rosenberg diese 4 Botschaften aus dem Gesagten herauszufiltern. Das Grundmodell ist als Einstieg in die GFK gedacht. Es bedarf jedoch viel Übung um die GFK in die Alltagssprache zu übernehmen.
Lebensentfremdende Kommunikation
Als Gegenpool zu seiner GFK hat Rosenberg die lebensentfremdende Kommunikation benannt, in die er folgende Kommunikationsformen einordnet:
Moralische Urteile: Anderen Menschen unterstellen, dass sie schlecht sind oder unrecht haben, wenn sie sich nicht unseren Wünschen gemäß verhalten. Beispiel: „Das Problem ist, dass du selbstsüchtig bist“.
Vergleiche anstellen: Vergleiche sind eine Form von Verurteilung. Zum Beispiel der Vergleich des eigenen Körpers mit dem Schönheitsideal in den Medien führt dazu, dass man sich schlecht fühlt.
Verantwortung leugnen: Die Wahrnehmung von persönlicher Verantwortung wird verschleiert. Jeder ist für seine eigenen Gefühle, Gedanken und Handlungen selbst verantwortlich. Beispiel: „Ich habe mit dem Rauchen angefangen, weil alle meine Freunde rauchen.“
Weitere Formen der lebensentfremdenden Kommunikation sind das Fordern, Lob oder Strafe. Die Ursprünge der lebensentfremdenden Kommunikation sah Rosenberg in über Jahrhunderte entstandene Denkweisen. Dabei wird der Mensch als mangelhaftes Wesen dargestellt, das Erziehung benötigt um geformt zu werden.
Wolfs- und Giraffensprache
Zur Darstellung der GFK benutzte Rosenberg zwei Handpuppen mit sehr unterschiedlichem Sprachverhalten, die Giraffe und den Wolf. Die Giraffe ist das Landtier mit dem längsten Hals und dem größten Herz. Sie steht für Weitsicht und Liebe. Die Wolfssprache wird auch als Herrschaftssprache benannt. Wölfe sind immer auf der Suche nach der Schuld, sie benutzen Bestrafung und Belohnung. Ein Beispiel für die Wolfssprache: „Immer lässt du deinen ganzen Kram in der Wohnung rumliegen und ich darf dann alles wieder in Ordnung bringen. Es ist dir total egal wie unordentlich es hier ist.“ Die Giraffensprache dagegen: „Ich sehe, dass du deine benutzte Kleidung auf dem Boden liegen gelassen hast. Ich ärgere mich darüber, weil ich mich nur wohlfühle, wenn die Wohnung sauber ist. Kannst du bitte deine schmutzige Kleidung in den Wäschekorb legen.“
Spiritualität
Rosenberg sah in seiner Praxis auch eine gewisse Spiritualität. Selbst wenn man die GFK mit ihren Regeln als Mechanismus erlernt, macht man durch ihre Anwendung Erfahrungen mit sich selbst und mit Anderen, die man vorher nicht erlebt hat. Man erfährt, dass die GFK mehr als nur ein Kommunikationsprozess ist.
Informationen zur Begründerin/zum Begründer:
Marshall Bertram Rosenberg wurde 1934 in Ohio geboren und verstarb im Alter von 80 Jahren im Februar 2015 in seinem Haus in New Mexico. In Detroit wuchs er in einer Stadt auf, in der er täglich mit Gewalt konfrontiert wurde. In der Schule wurde er selbst Opfer von Gewalt, als zwei Schulkameraden ihn auf Grund seines Namens als Juden identifizierten und auf ihn einprügelten. So begann er schon in jungen Jahren über die Ursachen für diese Gewalt nachzudenken. Auf der Suche nach Antworten und nach möglichen Lösungen von Konflikten, entschied er sich für ein Psychologiestudium, das er 1961 erfolgreich abschloss. 1966 ernannte man ihn zum offiziellen Prüfer der klinischen Psychologie. Zu der Zeit der Studentenbewegungen fungierte Rosenberg als Vermittler zwischen den demonstrierenden Studenten und den Verwaltungen. Er arbeitete ebenso mit Bürgerrechtsaktivisten zusammen. Aus dieser Arbeit heraus entstand sein Zentrum für gewaltfreie Kommunikation, das noch heute existiert und ausbildet. Die Nachfrage nach seinem Training war so groß, dass er in über 60 Ländern mit Personen aus den verschiedensten Gebieten zusammenarbeitete. Er schulte Manager, Anwälte, Offiziere, Gefängnisinsassen, private Familien und viele mehr.
Ablauf einer Sitzung
Die GFK kann man bei einem Einführungsseminar in verschiedenen Städten Deutschlands kennenlernen. Bei Vertiefungsseminaren kann man sich auch in spezifischen Feldern, wie z.B. im Umgang mit Kindern, weiterbilden. Die Seminare sind oft als Wochenendseminare angelegt, es gibt aber auch Intensivtrainings, die 9 Tage dauern.
Kosten einer Sitzung
Die Preise variieren je nach Seminar. Ein Einführungsseminar liegt bei etwa 200,- Euro, ein Vertiefungskurs bei ca. 300,- Euro. Ein 9tägiger Intensivkurs liegt im Moment bei ca. 2100,- Euro zuzüglich Unterkunft.
Verbreitung der Methode
Das „Center for Nonviolent Communication“ verbindet als internationale Organisation Mitglieder weltweit. Aufgelistet sind Trainer aus 39 Ländern. Marshall Rosenberg selbst lehrte seine Methode in über 60 Ländern. Auf YouTube erreichen seine Videos Klickraten im 10.000er Bereich bis 250.000.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
Verschiedene Trainer bieten eine Ausbildung oder Weiterbildung zur Gewaltfreien Kommunikation an. Eine Auswahl an Trainern ist unter anderen auf der offiziellen Liste des CNVC aufgelistet.
Über das von Rosenberg gegründete CNVC (Center for Nonviolent Communication) kann man sich als Trainer der GFK zertifizieren lassen. Mit der Zertifizierung wird man in die Organisation aufgenommen. Im Gegensatz zu anderen Ausbildungstiteln erfordert das Zertifikat zum GFK-Trainer eine jährliche Erneuerung um gültig zu bleiben. Während des Zertifizierungsprozesses wird man von einem offiziellen Mitglied, „Assessor“ genannt, begleitet und unterstützt. Als Grundvoraussetzungen muss man Erfahrungen in der GFK vorweisen können. Weiterhin sind Trainingsprotokolle, ausgearbeitete Trainingsangebote und persönliche GFK-Tagebücher, um den eigenen Lernfortschritt nachzuweisen, hilfreich.
Ebenfalls kann man eine Anerkennung als GFK-Trainer über den Fachverband Gewaltfreie Kommunikation e.V. erhalten. Dort sind die Bedingungen und Voraussetzungen ähnlich.
(Berufs-)Verband, Verein
Das „Center for Nonviolent Communication“ (CNVC) ist eine internationale Organisation, die von Marshall Rosenberg, dem Begründer der Methode, ins Leben gerufen wurde. Dort findet man aktuelle Informationen zu Projekten, Trainern, Seminaren der Ausbildung und vielem mehr. Man kann sich hier auch Trainer und Seminartermine in Deutschland raussuchen.
Das Äquivalent im deutschsprachigen Raum ist der Fachverband Gewaltfreie Kommunikation, der wiederum mit dem Verband „D-A-CH deutsch sprechender Gruppen für Gewaltfreie Kommunikation e. V.“ zusammenarbeitet.
Erst fand ich Gewaltfreie Kommunikation sehr anstrengend. Giraffe, Wolf etc. Bis ich verstanden habe, wie umfassend die Methode wirkt und es mehr ist als Giraffe und Wolf. Sehr lohnenswert sich mal damit zu beschäftigen und Seminare dazu zu machen. Das Buch von Marshall Rosenberg, der leider dieses Jahr verstorben ist, lohnt sich. Ist ein Arbeitsbuch, daher nicht nur theoretisch, es geht direkt in die Reflexion und Umsetzung. Am Anfang erstmal ein bisschen ungewöhnlich und erstaunlich wo wir überall gewalttätig sind. Halleluja.