Ausgehend von der Psychoanalyse von Siegmund Freud und der Individualpsychologie von Alfred Adler, wurde die Logotherapie und Existenzanalyse als Psychotherapierichtung 1938 von Viktor Frankl als „Dritte Wiener Schule“ begründet. Zur Erläuterung der Begriffe Logotherapie und Existenzanalyse:
Logotherapie
„Logos“ bedeutet Sinn. Es wird kein Sinn vorgegeben, sondern bei der Sinn-Findung geholfen. Logotherapie ist eine angewandte Psychotherapie, die auf Viktor Frankls Modell basiert.
Existenzanalyse
Analyse auf Existenz hin, auf ein selbstgestaltetes, eigenverantwortliches und menschenwürdiges Leben hin. Das Sinnbedürfnis wird als wichtigstes Grundmotiv des Menschen gesehen und es werden Möglichkeiten zur Sinnfindung analysiert. Das Leben eines Individuums wird auf mögliche Wurzeln einer seelischen Erkrankung untersucht und es wird bei der Vorbereitung zur selbstständigen Sinnfindung unterstützt.
Die Logotherapie und Existenzanalyse (LTEA) basieren auf philosophischen und psychologischen Konzepten. Im Zentrum des Ansatzes stehen drei Punkte:
Freiheit des Willen
Der Mensch wird als willensfreies Wesen gesehen, das fähig ist zu inneren (psychischen) und äußeren (biologischen und sozialen) Bedingungen eigenverantwortlich Stellung zu nehmen. Freiheit wird als Gestaltungsfreiraum des eigenen Lebens definiert. Der Mensch als geistige Person kann nicht nur auf seine Umwelt reagieren, sondern sie auch aktiv gestalten. Im Sinne der Psychotherapie kann man durch diese Freiheit einen Großteil seiner Selbstbestimmungsfähigkeit zurückbekommen.
Wille zum Sinn
Die Suche nach dem Sinn im Leben wird als Grundmotivation des Menschen angesehen. Der Mensch sucht nach Möglichkeiten sich im Leben auszudrücken. Kann dieser „Wille zum Sinn“ nicht zur Geltung gebracht werden entstehen Frustration, Aggression und Depressionen, die zu psychomatischen Krankheiten führen können. Mit der LTEA wird geholfen Blockaden und Hemmungen, die den Prozess der Sinnsuche behindern zu erkennen und zu lösen.
Sinn im Leben
Die LTEA sieht den Sinn des Lebens als Teil der Wirklichkeit. Er wird nicht nur benutzt, um von gestörten Erlebnisweisen abzulenken, sondern um das Beste in sich und der Welt zur Geltung zu bringen. Der Sinn des Lebens ist nicht statisch, sondern wird als situations- und personengebunden angesehen und muss somit immer wieder neu definiert werden. Es gibt keinen allgemeinen Lebenssinn. Es wird darauf hingearbeitet im Alltag Situationen offen zu begegnen um darin Sinnmöglichkeiten zu erkennen und zu verwirklichen.
Einiger der angewandten Techniken bei der Logotherapie und Existenzanalyse:
Paradoxe Intention
Bei Zwangs- und Angststörungen wird gelernt, die Zwangs- und Angstgedanken durch Selbstdistanzierung und Ironisierung zu überwinden. Dadurch wird der Kreislauf von Symptomen und Symptomverstärkung unterbrochen.
Dereflexion
Natürliche Angst- oder Trauergefühle werden durch zu viel Aufmerksamkeit verstärkt und erlangen daraufhin noch mehr Aufmerksamkeit. Um diesen neurotisierenden Teufelskreis zu durchbrechen wird die Aufmerksamkeit vom Symptom abgezogen.
Einstellungsänderung/-modifikation
Bestimmte Lebenseinstellungen können den Menschen von der Wirklichkeit und seinen Möglichkeiten entfernen und zu neurotischen Störungen führen. Es soll geholfen werden, selbst die unrealistische Lebenshaltung zu erkennen und eine neue Grundhaltung zu entwickeln.
Sokratischer Dialog
Eine Gesprächsmethode, bei der gezielte Fragen und Gegenfragen gestellt werden, die die eigene Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit des Lebens bewusst machen soll. Auch hier wird nichts Konkretes vorgegeben, sondern beim Prozess der eigenen Sinnfindung geholfen.
Informationen zur Begründerin/zum Begründer:
Viktor Emil Frankl wurde 1905 in Wien geboren und verstarb dort auch 1997. Er kam aus einer jüdischen Beamtenfamilie und studierte Medizin mit Schwerpunkten in Depression und Suizid. Von 1933 bis 1937 leitete er als Oberarzt den „Selbstmörderinnen Pavillon“ im Psychiatrischen Krankenhaus Wien. Mit der Logotherapie und Existenzanalyse, die Frankl erstmals 1938 veröffentlichte, begründete er die „Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“. Begründer der ersten und zweiten Schule waren Siegmund Freud und Alfred Adler, mit denen er auch in persönlichen Kontakt stand. Nachdem ihm untersagt wurde arische Patienten zu behandeln, übernahm er 1940 die Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals. Dies war das einzige Krankenhaus in Wien, in dem noch jüdische Patienten behandelt werden konnten. 1942 wurden er und seine Familie in Konzentrationslager deponiert. Seine Eltern, sein Bruder und seine Frau starben in den KZ’s. Er selbst durchlief mehrere KZ’s und wurde 1945 von der US-Armee befreit. Zur Verarbeitung seiner Erlebnisse schrieb er das Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“.1947 heiratete er Eleonore Katharina Schwindt, mit der er den Rest seines Lebens verbrachte. 1955 erhielt er den Professorentitel für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien. Frankl erlangte auch internationale Bekanntheit und galt als einer der größten Fachleute auf seinem Gebiet.
Ablauf einer Sitzung
Der Ablauf einer Sitzung ist relativ flexibel. Bei der ersten Sitzung geht es im Normalfall um ein gegenseitiges Kennenlernen und um das Vereinbaren von Zielen. Bei der LTEA gibt der Hilfesuchende die Themen vor, über die er gerne sprechen möchte und bestimmt so den Verlauf der Arbeit. Wenn der Therapeut Handlungsbedarf sieht, spricht er den Betroffenen darauf an, welcher dann entscheidet, ob darauf näher eingegangen werden soll. Es werden Übungen für die Anwendung im Alltag mitgegeben. Wie viele Sitzungen nötig sind ist individuell verschieden. Eine Therapie kann als Einzel-, Paartherapie oder auch in der Gruppe stattfinden. Eine Sitzung dauert etwa 60 Minuten.
Kosten einer Sitzung
Eine 60 minütige Einzelsitzung variiert je nach Therapeut und Praxis. Man kann mit Kosten von etwa 45,- bis 75,- Euro für eine einstündige Sitzung rechnen.
Verbreitung der Methode
Schon zu Viktor Frankls Lebzeiten fand seine Methode internationalen Anklang. Sein erstes Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ verkaufte sich über 12 Millionen Mal und wurde in 26 Sprachen übersetzt. Es wurde von der Library of Congress als „one of the ten most influential books in America“ benannt. Frankl war mehrmals zu Gastprofessuren in den USA eingeladen und erhielt weltweit 29 Ehrendoktorate. Auf der Seite des Viktor Frankl Instituts sind akkreditierte Institute in 36 Ländern weltweit aufgelistet.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
ABILE, das Ausbildungsinstitut für Logotherapie und Existenzanalyse, bietet in Zusammenarbeit mit der Donau Universität in Krems (Österreich) berufsbegleitende Studiengänge über 7 Semester, mit den Abschlüssen „Akademischer Psychotherapeut“ oder „Master of Science (Psychotherapie)“, an. Das Viktor Frankl Institut in Wien betreut den staatlich anerkannten Doktorats Studiengang für Logotherapie an der Universität im Fürstentum Liechtenstein. Es bietet außerdem in Zusammenarbeit mit dem Universitätsinstitut für Psychoanalyse in Moskau ein Master-Programm und eine Psychotherapieausbildung in Logotherapie an.
Die DGLE (Deutsche Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse e.V.) bietet die Weiterbildung in LTEA als berufliche Zusatzausbildung an. Die Grundbildung umfasst Theorie und praxisbezogenes Grundwissen, sowie existenzanalytisch geleitete Selbsterfahrung. Die Weiterbildung ist an verschiedenen, von der DGLE anerkannten Instituten in Deutschland möglich.
(Berufs-)Verband, Verein
Das Viktor Frankl Institut kümmert sich um die universitäre Betreuung der Studiengänge in LTEA, ist in der Forschung tätig, vergibt Forschungsstipendien, organisiert Kongresse und Seminare, verwaltet das Archiv der LTEA und auch der Privatsammlung von Viktor Frankl. Es ist auch für die internationale Akkreditierung und Zertifizierung von Instituten und Therapeuten zuständig. Es arbeitet unter anderem mit dem ABILE (Ausbildungsinstitut für Logotherapie und Existenzanalyse) zusammen, welches sich um die Aus- und Fortbildung kümmert. In Deutschland hat sich die DGLE (Deutsche Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse e.V.) der Bewahrung, Verbreitung und Fortentwicklung der Lehre Frankls verschrieben.