Tantra ist eine indische spirituelle Wissenschaft. Die ersten überlieferten Schriften und Quellen stammen von vor circa 2000 Jahren. Tantra ist aus dem Hinduismus und dem Buddhismus hervorgegangen.
In seiner ursprünglichen Form teilt es sich in verschiedene Zweige. In einem Teil (Red-Tantra/ linkshändiges Tantra) sind sexuelle Praktiken, Sinnlichkeit und wilde Tänze der Weg zur Erleuchtung. Beim White- Tantra/ rechtshändiges Tantra geht die Bewusstseinsschulung eher mit Askese, Entschleunigung und spiritueller Annäherung einher. In jeder Praxis geht es darum, den Körper zu vergeistlichen und den Geist zu verleiblichen. Der Mensch beherbergt dabei alles was er für diese Veränderungen benötigt in sich selbst.
Tantra bezeichnet einen umfassenden ganzheitlichen Weg zur Verwirklichung höchster Liebe. Wichtig ist dabei, dass dieser Weg stark mit regelmäßigen (praktischen) Erfahrungen und der eigenen Intuition verknüpft ist. Trotz der vielen ritualisierten Praktiken und Methoden bietet das Tantra eine relativ hohe Freiheit mit unterschiedlichen Wegen zum selben Ziel zu kommen. Das Ziel des Tantra kann man dabei als einen Zustand der frei von Täuschung und Zwang ist benennen. Dieser Zustand ist dauerhaft, sehr euphorisch und befindet sich in völliger Einheit mit der Welt und steht in Verbindung mit der Göttlichkeit.
Ebenso existieren im Tantra zwei Pole – der Männliche und der Weibliche. Diese sind innerhalb der verschiedenen Strömungen unterschiedlich bezeichnet, sind aber in ihrer Vereinigung immer als Symbolik für das Verschmelzen der verschiedenen Bewusstseinsebenen und demnach als die Vollkommenheit des Seins zu verstehen.
Der weibliche Pol umfasst dabei dynamische Weiblichkeit, schöpferische Kraft, Leidenschaft und sexuelle Energien, die den Evolutionsprozess in Gang setzen. Der männliche Pol beschreibt den passiven Kosmos der sich nur im Zusammenspiel mit dem weiblichen Pol entwickeln und seine Vielfalt zeigen kann. Beide Pole sind dabei gleichwertige Partner und bedingen sich gegenseitig.
Das heutzutage praktizierte Tantra vereint in der Regel die verschiedenen Strömungen und hebt deutlich hervor, dass Tantra nicht nur aus Sexualität und Liebespraktik besteht, sondern auch aus verschiedenen anderen Wegen der Erleuchtung, z.B. tantrischem Essen und tantrischem Atmen. Dennoch steht der liebevolle Umgang mit Sexualität oft im Mittelpunkt. Was führende Lehrer z.B. damit begründen, dass die Menschen sich nach einem intensiveren partnerschaftlicheren, bereichernderen sexuellen Austausch sehnen. Der tantrische Ansatz widerspricht hier den westlichen Kulturen, in denen bereichernde, liebevolle und entschleunigte Sexualität oft ein tabuisiertes Thema ist.
Beispielhaft kann hier Margot Anand („SkyDancing“) als eine der populären Tantralehrerinnen benannt werden. Sie nutzt als Grundlage ihrer Arbeit die verschiedenen Chakren des Körpers und zeigt Techniken, durch die diese miteinander Verschmelzen können, um die vorhandenen Energien im Körper und Geist zu nutzen. Weiterhin spricht sie sich für die Verknüpfung von Spiritualität und Sexualität aus und betont andere tantrische Felder, wie z.B. die Ernährung.
Ein Meister der neo- tantrischen Kultur ist z.B. OSHO. Auch er nutzte den tantrischen Grundgedanken der energetischen Verschmelzung in vielerlei Hinsicht. Er sah die Liebe als Möglichkeit die Mediation zu lernen und umgekehrt. In seinen Reden bezeichnete auch er das Liebesspiel in seiner vollendeten Ausprägung als eine Handlung, die beiden eine Reife gibt, unterdrückte Intelligenz, Achtsamkeit, Leidenschaft, Liebe freisetzt und negative Gefühle verringert.
Ebenso greift die Tantralehrerin Diana Richardson mit ihrem Konzept des „Slow Sex“ den tantrischen Grundgedanken auf und überträgt ihn insbesondere auf ein erfüllenderes Sexualleben, das den Körper während des Liebesspiels mit dem Geist verknüpft und Mann und Frau aktiv entscheiden, teilhaben und spüren lässt. Als Leitsatz nutzt sie den Gedanken, das Mann und Frau grundsätzlich das Ziel aus dem Liebesspiel nehmen, um bewusster, achtsamer und intensiver die eigenen Bedürfnisse und die des Anderen spüren zu können.
Weitere Vertreter der tantrischen Kultur sind z.B. Andro Andreas Rothe, Daniel Odier oder Lucien Loosen.
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Geschichte des Tantrismus
Tantra tauchte circa im 5.Jh. unserer Zeit in Indien auf und hatte seine Blütezeit bis zum 13.Jh.
In seiner ursprünglichen Form entwickelte es sich aus verschiedenen Einflüssen und religiösen Abspaltungen, insbesondere des Hinduismus und Buddhismus. Auch heute sind besonders in den asiatischen Religionen noch tantrische Abspaltungen zu finden.
Tantrismus bedeutet z.B. „allumfassendes Wissen“ und „Ausbreitung des Wissens“. Die Silbe „tan“ leitet sich dabei aus dem Sanskrit ab und bedeutet „ausdehnen“.
Der Tantrismus hat neben den verschiedenen Leitlinien und Ritualen in den verschiedenen Lebensbereichen auch sehr interessante Kunstformen entwickelt. Neben Formen, Farben, graphischen Mustern, Mandalas, Skulpturen, Malereien und Symbolen auch Klangverbindungen. Diese Kunstformen entstehen in einem spirituellen Akt, der als Ausdruck und Kanal für das Göttliche und ein ‚höheres’ Wissen dient.
Er wird auch als eine der „buntesten und schillerndsten Blüten der indischen Kultur“ und eine kulturelle Revolution bezeichnet.
Ablauf einer Sitzung
Einzelsitzungen sind oft mit sexualtherapeutischem Arbeiten gekoppelt. Die Sitzung beginnt mit einem intensiven Gespräch, einer Anamnese.
Der Therapeut/ Lehrer verschafft sich einen Überblick über die individuelle (Leidens-) Geschichte des Klienten.
Anschließend folgen (bioenergetische) Atem- und Körperübungen, die die Muskeln in der Genitalregion elastischer machen und besser durchbluten lassen. Die Übungen sollen befreiend und energetisierend wirken.
Im Gruppenkontext sind die Inhalte von Seminaren breit gefächert. Es werden Seminare für Einzelpersonen, Paare oder Gruppen, aber auch gemischte Seminare angeboten. Stattfinden sie meist in Kur- oder Wellnesshotels. Allen gemein ist das verschiedene Übungen, wie Meditationen, Körperarbeit oder Partnerübungen gemeinsam oder einzeln durchlaufen werden. Je nach Ziel und Inhalt ist es möglich das das Seminar in einem erotischen Partnerritual endet.
Die Veranstalter achten meist auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis. Es finden auch gleichgeschlechtliche Seminare für Schwule und Lesben statt. In seriösen Instituten wird dabei das eigene Tempo und Limit respektiert. Jeder nimmt nur an den Übungen teil, die er durchführen möchte.
Ziel ist es die eigenen Energien wieder zu spüren oder freizusetzen, seine eigene persönliche sexuelle Natur oder die Verbundenheit mit dem eigenen Bewusstsein und der Liebe zu spüren.
Kosten einer Sitzung
Die Tantra Praxis wird oft in Gruppenseminaren gelehrt, vermittelt und erfahren.
Vorträge – ca. 15 €
Wochenendseminare - ca. 250 €
Intensivseminare – ca. 500 €
Paarseminare – zw. 220 € und 500 €
Workshops für Jugendliche (16 – 26 Jahre) – ca. 220 €
Jahresseminare – ca. 2300 €
Teilweise bieten bestimmte Anbieter/ Therapeuten auch Einzelsitzungen für Paare oder Einzelpersonen an.
Die Kosten liegen bei 60 – 100 € á 60 Min.
Verbreitung der Methode
Tantra ist eine international verbreitete Methode. Auf YouTube findet man eine Klickrate der Videos von OSHO von bis zu 2.9 Millionen. Der YouTube Kanal OSHO International verweist auf mittlerweile 44 Millionen Aufrufe.
Andere Lehrer wie Margot Anand oder Diana Richardson haben auf YouTube eine Klickrate von bis zu 30.000.
Die Verbreitung wird mit Fokus auf Qualitätssicherung u.a. durch den Berufsverband Deutscher Tantra- Lehrer e.V. vorangetrieben.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
Es gibt für die Ausbildung zum Tantra- Lehrer keinen konkreten Ausbildungsverlauf.
Je nach Institut gibt es Basis- und Aufbauseminare die 2 bis 4 Jahre andauern und zwischen 2.500 € und 6.000 € kosten.
Voraussetzungen für das Basistraining ist oft eine Teilnahme an einer Intensivgruppe. Teilweise wird auch die Arbeit mit Gruppen vorausgesetzt.
Das älteste Ausbildungsinstitut in Deutschland ist das EroSpirit- Institut. Es besteht seid 1994 und hat mittlerweile Ableger in Nord-/ Süd- und Mitteldeutschland und der Schweiz.
(Berufs-)Verband, Verein
In Deutschland existiert der Berufsverband Deutscher Tantra- Lehrer e.V. (BDT) . Der Verband setzt sich für die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung eines seriösen und fundierten Tantras in Deutschland und Europa, als auch für die Vernetzung und Kooperation der Tantra- Schulen und Lehrer ein.