Die Tanztherapie verbindet körperliche, emotionale und kognitive Prozesse. Als psychotherapeutische Therapieform soll sie bei der Persönlichkeitsentwicklung helfen. Die Tanztherapie hat nichts mit klassischem Tanz zu tun, sie soll die eigene Körperwahrnehmung verbessern, was wiederum zum besseren Ausdrücken von Gefühlen im Alltag führen soll. Dabei können auch verschiedene Tanzstile angewandt werden, wie z.B. Tango, Walzer, Aerobic, Line Dance und viele andere. Die Anfänge der Tanztherapie werden verschiedenen Pionierinnen zugeordnet. Diese wurden von den nachfolgenden Akteuren individuell fortgesetzt, weshalb sich eine große Vielfalt an Richtungen ergeben hat. Es haben sich allerdings ein paar Methoden entwickelt, die in fast allen Richtungen angewandt werden.
Weit verbreitete Methoden zur Bewegungsanalyse sind unter anderen:
MPI – Movement Psychodiagnostic Inventory – Eine Art Katalog, in dem Bewegungsabläufe gruppiert sind, die mit bestimmten Diagnosen in Zusammenhang gebracht werden.
LMA – Laban Bewegungsanalyse – Die quantitative und qualitative Analyse von Bewegungsveränderungen. Die Bewegungen werden beobachtet, beschrieben und notiert. Es gibt klare Vorgaben zur Analyse, die auf 6 Ebenen (Körper, Raum, Form, Antrieb, Phrasierung, Beziehung) beruht.
RES – Rhythmisch-energetische Strukturanalyse – Zur Erstellung von Bewegungs-Profilen. Bestimmte Konstellationen von Bewegungen werden Gefühlen zugeordnet, die wiederum auf Störungen hindeuten können.
Als psychotherapeutisches Verfahren unterliegt die Tanztherapie 3 Phasen:
- Remoralisierung
Ist eine bedeutsame Phase der Diagnostik. Es soll Vertrauen in den Therapeuten, sich selbst und den eigenen Ressourcen hergestellt werden. Anhand verschiedener spielerischer Tätigkeiten wird die Person im Entspannungszustand beobachtet um Kriterien für das weitere Vorgehen zu erheben.
- Remediation
Es existiert eine große Vielfalt an methodischen Ansätzen um das individuelle Ziel anzugehen. Im nonverbalen Kommunikationstraining wird gelernt, seine Bewegungen zu verstehen und zu modifizieren.
- Rehabilitation
Erlernte Fähigkeiten werden angewandt und in simulierten Alltagssituationen erprobt.
Hauptelemente der Tanztherapie sind:
Improvisation
Das freie Bewegen ohne Vorgaben und Zwänge, um Zugang zum Unbewussten zu bekommen. Dabei fällt es anfangs oft schwer sich gehen zu lassen und selbst auferlegte Zwänge abzulegen.
Nachahmung
Bestimmte Bewegungen werden vorgegeben. Der Vergleich zu anderen, Imitation anderer oder Wiederwille zur Nachahmung verraten etwas über die Gefühle.
Tanztechnik
Es werden kontrollierte einfache Bewegungen, bzw. Bewegungsmuster ausgeführt. Das soll helfen gerade am Anfang Hemmungen bei den Teilnehmern abzubauen.
Gestaltung
Die Gestaltung ist eine Mischform aus Improvisation und Tanztechnik. Durch kontrollierte Bewegungen werden Gefühle ausgedrückt, wobei selbst entschieden wird, welche Gefühle ausgedrückt werden möchten.
Informationen zur Begründerin/zum Begründer:
Bei der Tanztherapie ist es schwierig, nur einen Gründer festzumachen. Für die verschiedenen Unterformen, die sich ergeben haben, sind jeweils Begründer benannt. Die Anfänge der Tanztherapie gehen allerdings auf verschiedene Quellen zurück. Dabei zu nennen wären:
Marian Chace
geboren 1896 in den USA, gilt als eine der Pionierinnen der Tanztherapie. Zum Tanz kam sie, nachdem sie ihren Rücken verletzt hatte und ihr Arzt ihr Tanzstunden zur Rückenstärkung empfahl. Sie war sofort davon überzeugt, begann Tanz und Choreografie zu studieren, arbeitete dann als Tänzerin und gab selbst Tanzunterricht. Sie wunderte sich, warum Schüler zum Unterricht kamen, die nicht vorhatten Tänzer zu werden. So änderte sich ihr Fokus und sie begann sich mehr auf die einzelnen Bewegungen und die Personen hinter den Bewegungen zu konzentrieren. 1946 begann sie in einer Psychiatrie mit schizophrenen Patienten zu arbeiten. Ein Jahr später wurde sie die erste Vollzeit Tanz-/Bewegungstherapeutin. 1966 wurde sie die erste Präsidentin der „American Dance Therapy Association“.
Liljan Espenak
wurde 1905 in Norwegen geboren. In den 1920ern zog sie nach Berlin, wo sie begann Tanz zu studieren. Kurz darauf eröffnete sie ihre eigene Tanzschule. Aufgrund des Druckes, mit den Nazis zusammenzuarbeiten verließ sie in den 30er Jahren Deutschland. Sie ließ sich in den USA nieder, wo sie in New York erneut ein Tanzstudio eröffnete. Dort begann sie auch an ihrer Arbeit als Tanztherapeutin mit physisch und mental behinderten Kindern und Erwachsenen. In den 60er Jahren trat sie dem New York Medical College bei und gründete die erste Abteilung für Tanztherapie in den USA. Sie veröffentlichte das Buch „Dance Therapy: Theory and Application“ (1981) und reiste viel, um Vorträge über die Tanztherapie zu halten.
Ablauf einer Sitzung
Die Tanztherapie läuft im Normalfall über einen längeren Zeitraum. Es gibt aber auch Schnuppertage oder Workshops. Man kann den Ablauf einer Sitzung nicht generalisieren. Dieser variiert je nach Thema und Therapeut. Eine typische Gruppensitzung könnte folgendermaßen aussehen: Vorstellungsrunde, Aufwärmübungen, spezifische Übungen (je nach Therapiethema), Reflexion durch Austausch untereinander, Schlusstanz, mögliche Integration in Alltag. Es werden auch Einzelsitzungen angeboten, bei denen eine individuellere Problembehandlung möglich ist. Eine Sitzung dauert etwa 1 Stunde.
Kosten einer Sitzung
In der Tanztherapie findet man große Preisvariationen, abhängig von der Art der Sitzung und dem jeweiligen Institut. Einen Schnuppertag kann man schon ab 25,- Euro besuchen. Ein 3 monatiger Kurs mit wöchentlichen Sitzungen kann man für 220,- Euro bekommen.
Verbreitung der Methode
Die Tanztherapie findet weltweit Anwendung. Sie ist in den 40er Jahren in den USA entstanden und hat sich ab den 80er Jahren in Europa verbreitet. Bei ihrer Vielzahl an Anwendungsbereichen, haben sich verschiedene Richtungen der Tanztherapie entwickelt.
Ausbildungsweg für Coaches / Therapeuten
In Deutschland ist die Tanztherapie-Ausbildung noch nicht staatlich anerkannt und auch nicht einheitlich geregelt. Es gibt verschiedene private Institute die Aus- und Weiterbildungen anbieten. Beim Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschland (BTD) findet man eine Liste mit anerkannten Instituten, bei denen europäische Standards für die Zulassung und für die Ausbildungsinhalte festgelegt sind. Im Normalfall wird für die Ausbildung vorausgesetzt, dass die Teilnehmer schon in einem helfenden, heilenden oder therapeutischen Beruf tätig sind. Die Ausbildungsdauer beträgt 4-5 Jahre und vereint theoretische und praktische Elemente. Sie setzt sich aus etwa 2 Jahren Grundstufe und 2 Jahren Aufbaustufe zusammen. Meist läuft die Ausbildung berufsbegleitend und wird an Wochenenden absolviert.
An der privaten Hochschule Heidelberg wird ein Master in Tanz- und Bewegungstherapie mit einer Regelstudienzeit von 2 Jahren (in Vollzeit) angeboten.
(Berufs-)Verband, Verein
Der BTD (Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschlands) ist eine berufsständische Vereinigung für Tanztherapie. Der Verband kümmert sich unter anderen um die Qualitätssicherung in der Ausbildung. Eine Liste anerkannter Ausbildungsinstitute und Therapeuten finden sich auf dessen Internetseite. Der BDT arbeitet auf internationaler Ebene mit dem „European Association Dance Movement Therapy“ (EADMT) zusammen.
Ein weiterer Verband ist die DGT (Deutsche Gesellschaft für Tanztherapie e.V.). Auch sie hat sich der Qualitätssicherung im Bereich der Tanztherapie verpflichtet, bietet Fortbildungen und Seminare an und informiert durch ihre jährlich erscheinende Zeitschrift „Forum Tanztherapie“.